Newsletter - September 2018


Buddhistische Lebensschule mit Charlie Pils

Sei – immer Jetzt - ein furchtloses Herz

4 EBENEN DES GLÜCKS – im Weg in ein furchtloses Sein

Die folgende Betrachtung über die "4 Ebenen des Glücks" soll in einfacher Form helfen, die Gebiete und Zusammenhänge der meditativen Praxis zu verstehen. Das große Ziel des Aufwachens in das "unwandelbare Glück der Befreiung" geschieht durch die vielen kleineren und größeren inneren Befreiungsmomente, ob auf einem Retreat oder mitten im Alltag, ob "auf dem Kissen", einem stillen Moment im Weg zum Arbeitsplatz oder in einer schwierigen Lebenssituation: Befreiung geschieht – immer Jetzt – in einem "wahren Moment" einer Einsicht – etwas "fällt ab" – was?

Achtung: Wir sind Übende!

Besonders nach Meditationsretreats ist die Frage: "Kann ich die beglückende Kraft des gereinigten Bewusstseins aufrechterhalten – mitten im Alltag – immer Jetzt?" Nein?  Kein Grund zur Sorge: Noch bist du Übende, keine "Verwirklichte".

Erkenne selbst: Eine natürliche, kraftvolle, ernsthafte, freudvolle, heitere, mutige, furchtlose, realistische Praxis mitten in den Höhen und Tiefen dieses Lebens im Alltag hat Reuelosigkeit, Zufriedenheit und Freude zur Folge.

Das ist die Grundlage für eine beglückende Ruhe- und Einsichtsmeditation „auf dem Kissen“. Eine besondere Unterstützung für das Erleben beglückenden meditativen Seins sind die Zeiten im Raum und der Kraft einer Sangha, ob an einem gemeinsamen Meditationsabend oder in einem Meditationsretreat.

Wir leben in der Sinnenwelt

Der Anfängergeist, das „Herz der Meditation“: Was ist der einzige, direkte Weg

zu innerem Glück und Zufriedenheit in der Sinnenwelt?

Erinnere dich an den "Anfängergeist" – an dieses "immer Jetzt":

In einem Moment verändert sich dein Standpunkt: Von der Denkerin ins bewusste Sein. Jetzt bist du dir deiner selbst bewusst, bist die Da-Seiende, bist im „Herz-Geist“, in deiner „spirituellen Identität“. So bist du "im Weg". Du bist hinter den Gedanken, den Gefühlen, den Bewusstseinszuständen im unmittelbaren Erleben und Erkennen. "Welches konditionierte Denken, welche gewohnten Reaktionen und die damit verbundenen Gefühle kommen Jetzt in mir hoch?"

"Erkanntes verliert die Macht über dich - Unerkanntes versklavt dich"

Nur so kannst du die erlernten Mittel einsetzen, um aufkommendes unheilsames Denken, Sprechen und Handeln mit Heilsamem zu ersetzen, bzw bewusst Heilsames erwecken und entfalten - in jeder Lebenssituation, von morgens bis abends - wann sonst? Nur so geschieht Transformation ganz auf deiner persönlichen Ebene. So geschieht eine Entwicklung in eine charakterlich starke Persönlichkeit im Weg in ein universell erkennendes und fühlendes Bewusstsein – immer Jetzt.

"Welches neue, freie und beglückende Denken, Sprechen, Handeln
entwickelt sich durch diese Bewusstheit – immer Jetzt?"

Vergiss nicht, dir das unmittelbare Erleben deines Freier- und Glücklicher seins im Hier und Jetzt bewusst zu machen“. Das stärkt dein Vertrauen in dich selbst, dein Vertrauen in den Weg und die Freude, in diesem Weg zu sein.

Anders ausgedrückt: Erfreue dich an den anwachsenden guten Fähigkeiten und an der Veränderung deiner Sicht auf dich selbst und die Welt. Gib deinen menschlichen Unzulänglichkeiten keine unnötige Bedeutung. Ein "Fehlerfindergeist" mit dem erhobenem Zeigefinger eines Moralapostels ist eine Falle: Er macht Druck, fördert Selbstzweifel, Selbstablehnung oder "Scheinheiligkeit". Aber schau hin – verdränge nichts, schau in deine "Abgründe". "Erkennen – nicht tadeln – ändern"

Eine neue Gewohnheit?  Tägliche, auch kurze Zeiten „auf dem Kissen“ sind reinigend und gewöhnen den Geist an den neuen Standpunkt.

So geschieht eine natürliche Entwicklung und Entfaltung

deiner geistigen, „spirituellen“ Kräfte: Die Präsenz einer gegenwärtige Bewusstheit: Eine „Achtsamkeit“ gepaart mit Wissensklarheit und unterscheidender Weisheit, Selbstvertrauen, kreativer Lebensfreude und Tatkraft. Ein Fühlen von Verbundensein, Weite, Liebe und Mitgefühl für dich selbst und mit den Menschen denen du begegnest – und in allen Sinnenerfahrungen – immer Jetzt – mitten im Alltag – das ist Glück.

Die 1. Ebene des Glücks: Sinnenfreuden

Das Glück der Sinnenfreuden erleben zu können ist bedingt durch die Reinheit der Tugend.

Sinnenfreuden sind die aufsteigenden schönen, oft prickelnden Emotionen, bedingt durch Sinnenkontakte. Kannst du dich auch erfreuen? Berühren dich reine Formen, Klänge, Gerüche, Geschmäcke, Gedanken, Worte, Ereignisse und lassen dich Sinnenfreude erleben?

Das Erleben von Glück durch Sinnenerfahrungen ist bedingt durch die Reinheit der geistigen Kräfte und der charakterliche Qualitäten, die man “Tugenden“ nennt.

Erkenne selbst, immer Jetzt: Sinnenfreude ist nicht Sinnenbegehren!

Sinnenbegehren entsteht, wenn du dich in den Welten der Widerstände, Begierden, Sorgen, Ängste, Bedrückungen, Sinnlosigkeit, Freudlosigkeit, Abneigungen usw. verloren hast, schwierige, enge Lebensgefühle erlebst und durch manchmal grobe Sinnenbefriedigungen einen Ausweg suchst. Gefahr: Flucht und Sucht.

Einsicht: Sinnenfreuden bewusst und dankbar als „Kostbarkeit dieses einen Moments, dieses Augenblicks“ erleben zu können, ist ein großes Glück. Es braucht ein Aufwachen in das Bewusstsein, dass sie nicht von Dauer sein können, dass alle Erfahrungen vergänglich anicca sind. Und ….dass unangenehme Sinnenerfahrungen nicht zu vermeiden sind!

"So ist es"

Lebst du im Einklang mit dieser Wahrheit? "Alles fließt"

Bist du frei vom festhalten wollen was nicht festzuhalten ist? – so entsteht kein Stau

Bist du frei vom Aufhalten wollen was nicht aufzuhalten ist? – So entsteht kein Stau

Loslassen ist der Schlüssel für das Glück eines fließenden Lebensgefühls.

Das braucht die große Übung des weisen Nichtanhaftens – zur Entfaltung der großen Tugend der Gelassenheit, des Gleichmuts.

Ein großes fundamentales Ziel der meditativen Praxis ist die Auflösung und Transformation angesammelter Verdichtungen, Blockaden in Körper, Herz und Geist um die ursprünglich reinen, fließenden Lebensgefühle wieder erleben zu können. So erlebst du die meditative Praxis als Heilung.

3 Pfeiler der Meditation: DANA - METTA – SILA In der Sinnenwelt gibt es keine aktivere Praxis als das Erlernen der gebenden, sich verschenkenden Zuwendung und Liebe: "Im Herzen Sein", bereit für eine „Kommunikation von Herz zu Herz“ ist „Danapraxis“, ist „Mettapraxis“ – immer Jetzt – mitten im Alltag:

Im Glück des selbstlosen Gebens dana im Denken, Sprechen und Handeln erlebst du auch das Glück der Liebe metta in der Dankbarkeit, wenn dir gegeben wird. Das zu erfahren ist das Eingangstor für das Glück der Reinheit des Herzens mitten in der Sinnenwelt. Weitere reine Charaktereigenschaften wie Wahrhaftigkeit, Mitgefühl, Mitfreude, Geduld, Vergebung, Entschluss- und Tatkraft, Gelassenheit und Gleichmut folgen ganz natürlich. So verwirklichst du Tugend „Sila

Die 2. Ebene des Glücks: Das Glück der Reinheit des Herzens, der 4 Göttlichen Verweilungen "Brahma Vihara"

Wenn Sinnenkontakte wie schöne Farben und Formen, Klänge, Gerüche, Geschmäcke, Berührungen, Gedanken oder Ereignisse dein Herz öffnen für eine Lebensfreude voller Liebe, Mitgefühl und Mitfreude, die sich aus dem Gleichmut eines zugrundeliegendem inneren Friedens gestalten, erlebst du

das Glück der reinen, unkonditionierten Seins-Gefühle.

Dann erlebst du in solchen Momenten eine reine Welt und kannst verstehen:

„wie Innen – so Außen“

 Dem Reinen erscheint die Welt als rein

 Dem Unreinen erscheint die Welt im Zerrspiegel seiner Unreinheiten

Wenn du auch in unschönen Sinnenerfahrungen und schwierigen Lebenssituationen die Liebe zum Leben nicht verlierst, wenn sich Abneigung in Mitgefühl verwandelt und du auch in den schwierigsten Lebenssituation nicht "zu machst" sondern dich deine Weisheit und Liebe im Gleichmut halten, bist du im großen Weg des Herzens innerhalb deines Mensch-Seins in eine, universell erkennende und fühlende "große Seele" maha-atman.

Meine Lehrerin Ayya Khema, die sehr intensiv die Mystik der Vertiefungen jhana gelehrt hat, hat diese Praxis als das Fundament der Meditation benannt als:

„Die 3 Pfeiler der Meditation“: Dana – Metta Sila

Die 3. Ebene des Glücks: Das Glück der Ruhemeditation (Samatha)

Das Glück der Vertiefungen jhana ist die Erfahrung, die sich jeder Meditierende wünscht: Ein Zugang in das zeitweiliges Erleben der Reinheit des inneren Körpers, der ursprünglich reinen Lebenskraft. Ein Erleben in Stadien inneren Glücks und Friedens bis in ein Unbegrenzt Sein, ein Frei-Sein, das nicht bedingt ist durch die Welt, sondern "nur" bedingt ist durch die Fähigkeit sich zu konzentrieren, um das Tor zum Betreten der inneren, reinen „Heimat des Geistes“ zu betreten. Diese Fähigkeit entwickelt sich jedoch nicht unabhängig von der Praxis der "3 Pfeiler der Meditation" zur Verwirklichung der vorangegangenen "Ebenen des Glücks".

Die Meditation „im Sitzen“ beschleunigt auch ohne das Erleben der feinstofflichen und unstofflichen Vertiefungen den Reinigungsprozess enorm, wenn der anfänglich oft schmerzhafte Umgang mit den Hindernissen, Verdichtungen, Blockaden zu befreienden und beglückenden Erfahrungen der Auflösung führt und dadurch Erkenntnisfähigkeit und Liebesfähigkeit anwachsen, die wiederum auch die Praxis in der Sinnenwelt erst wirklich beglückend gestalten.

Die 4. Ebene des Glücks: Das Glück der Einsicht (Vipassana)

Wahre und tiefe Einsicht ist befreiend und geht, wie auch die Samatha-Meditation immer mehr in die Tiefe und Weite. Deine Sicht auf dich selbst und die Welt verändert sich. Im ersten, jedoch wesentlichen Schritt, erkennst du, dass du selbst für deine Innenwelt verantwortlich bist. Du beginnst, das "Karmagesetz" zu durchschauen und lebst mehr und mehr im Einklang mit den Lebensgesetzen im "Gesetz der weisen Liebe". Du lernst, mit der für das "Ich" so oft bedrückenden Vergänglichkeit, Unbeständigkeit und Leidhaftigkeit der materiellen Welt mitzufließen, ohne aus dem Gleichgewicht zu kommen. Du lernst, mehr und mehr aus deinem "Wahren Sein", aus deinem "Herz-Geist" zu leben. Hier beginnt der Weg eines "Bodhisattvas", eines Menschen, der den Sinn des Lebens im spirituellen Wachstum sieht, für sich selbst und die Welt.

Einsicht zielt letztlich auf das Erlöschen der Ursachen der Leidensentstehung in dir selbst, auf ein Sein in "unwandelbarem Glück".

Einsicht zielt auf das Erkennen, dass du nicht begrenzt bist auf Körper und Geist, sondern etwas "Größeres" bist. Körper und Geist sind vergänglich, dem Leiden unterworfen und "Nicht-Selbst". Einsicht zielt auf das "große Loslassen" vom Anhaften an Körper und Geist in ein Aufwachen in DAS, was du wirklich bist: Die "Wahrheit" ist ein sehr stilles Wissen, das oft als "Nicht-Wissen" erklärt wird. Es ist ein Aufwachen aus einem "verrückten Zustand", aus einem "Traum" in ein natürliches, ursprünglich reines Bewusstsein. "Nichts Besonderes". Dieses Wissen kann nur in der Stille erfahren werden – jenseits von Lehren, Religionen, Philosophien, Psychologien.

Diese "5. Ebene des Glücks" wäre keine "Ebene", hat keinen Namen und keine Form und ist daher nicht als solche benannt: "DAS" umfasst und durchdringt alle Ebenen deines Seins, alle Ebenen des Glücks – Du bist DAS.

Sei ein furchtloses Herz

Lass die Momente, die dein Herz berühren und in denen du aus eigenem Erleben und Erkennen fühlst, dass du deinen Weg gefunden hast, immer wieder deine Selbstzweifel besiegen und dich für die Kraft des Vertrauens und die Hingabe in den „Weg des Herzens“ öffnen. Lass Freude darüber entstehen, diesen Weg gefunden zu haben – in dir selbst. Dann fühlst du dich hingezogen zu einem reinen Leben, zur Sangha, der Praxis in "Edler Freundschaft mit Gleichgesinnten", zur Meditation im Sitzen und der Praxis mitten in der Welt. Du fühlst, dass es DAS gibt, was dich immer trägt und dass du dich deiner inneren Führung anvertrauen kannst – immer Jetzt.

Viel Vertrauen, Hingabe und Zuversicht in die Praxis wünsche ich. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, aber viele wurden auf der Erde geboren, weil sie gehört haben, dass Aufwachen in ein Frei-Sein und Glücklich Sein möglich ist – in einem furchtlosen, weisen und liebenden Herzens - und geübt haben – Begrenzungen in Herz und Geist aufzulösen, - immer Jetzt – wann sonst?